Rennbericht Challenge Roth – Dorit Hartmann

Backnang / Roth: 2023 sollte es endlich so weit sein – meine erste Langdistanz im Triathlonmekka Roth. Nach zwei verletzungs- bzw. krankheitsbedingten Verschiebungen gab es in diesem Jahr keine Ausrede mehr. Okay, die Laufvorbereitung hätte viel besser sein können, aber wie sagt man so schön: Marathon ist Kopfsache!

Am Donnerstag vor dem Wettkampf ging es bereits nach Roth, um die perfekte Einstimmung zu haben. Direkt nach Ankunft ging es auf die große Triathlonmesse und die Startunterlagen abholen. Der Rest des Tages wurde mit “Beine hochlegen” und essen verbracht.

Freitagfrüh ging es an den Kanal zum Einschwimmen. 1000m im Wasser, um ein Gefühl fürs Freiwasser zu bekommen. Anschließend ging es zum Frühstück, Speicher auffüllen und dann wieder die Beine hoch und die jeweiligen Beutel mit den entsprechenden Utensilien für den Wettkampftag füllen. Am Abend gab es beim Italiener Pizza mit Freunden.

Am Samstag stieg die Nervosität – kann ich das wirklich schaffen? 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und abschließend ein Marathon? Ich versuchte die Nervosität herunterzuschlucken und wir machten uns auf zu einem weiteren Treffen mit Freunden. Das half ein wenig gegen die Aufregung und dann stand auch schon der Bike Check-In an. Rad abgeben, Laufwege in der Wechselzone einprägen, Wechselbeutel mit den Laufsachen ebenfalls abgeben und dann waren die wichtigen Dinge für Samstag erledigt.

Am Wettkampfmorgen klingelte um 4 Uhr der Wecker, kurz etwas frühstücken, die bereit gelegten Beutel und sonstigen Dinge einpacken und los ging es Richtung Schwimmstart am Kanal. Der Tag begann mit Stau und somit wurden meine bereits strapazierten Nerven noch weiter auf die Prüfung gestellt. Irgendwann konnte ich dann doch aus dem Auto springen und zur Wechselzone eilen. Luft aufpumpen, Verpflegung anbringen, Wechselbeutel ablegen und dann hieß es “Ruhe bewahren”. Eine kurze Verabschiedung von Trainerin und Freunden (mein Mann war leider noch nicht zu sehen, denn er war mit dem Auto weiter nach Roth zum Ziel gefahren und befand sich kurz vor meinem Start noch auf dem Rückweg) und dann ging es auch schon in den Vorstartbereich. Die Stimmung war angespannt, aber ich war noch recht positiv gestimmt.

7:10 Uhr fiel dann auch der Startschuss für mich und was soll ich sagen: es waren viel zu viele Frauen in viel zu wenig Wasser – zumindest für mich. 300 bis 500m “Überlebenskampf” für mich. Ich haderte mit mir, ich stand an der Grenze zur Panik und habe tatsächlich überlegt auszusteigen. Mir war das alles zu viel. Langsam lichtete sich das Feld jedoch, ich versuchte meinen Rhythmus zu finden und schwamm nahe am Ufer weiter, denn wie sieht es denn aus, wenn ich einfach aufhöre. Das geht gar nicht, ging es mir durch den Kopf und außerdem hätte ich dann nicht zeigen können, dass Marathon wirklich Kopfsache ist.

Nach 1:18:52h hatte ich endlich wieder Land unter den Füßen. Eine Schwimmzeit, die ich eigentlich locker unterbieten müsste, aber Beckenschwimmen ist eben nicht Freiwasserschwimmen mit 300 anderen um mich herum.

Schnell durch die Wechselzone: Neo ausziehen, Startnummer, Sonnenbrille und Radschuhe, Helm aufziehen, Rad schnappen und ab aufs Rad.

Kurz nach dem Aufstieg jubelte mir Thomas zu und ein Stück weiter konnte ich weitere Vereinskollegen und Freunde entdecken. Als erstes wusste ich, dass ich mich verpflegen musste, um die verlorene Energie wieder zuzuführen. Gesagt, getan – Gel und Wasser und dann einfach nur kurbeln. Nach ein paar km kam der erste Anstieg und leider fühlte der sich so gar nicht nach locker an. Ich wusste, dass ich das eigentlich besser kann, aber was soll’s, das wird sicher noch. Grundsätzlich machte das Radfahren Spaß. Ich saß entspannt auf dem Rad, suchte 90km nach den Radbeinen oder musste ich mich 90km vom Schwimmen erholen? Ich weiß es nicht. Immer wieder jubelten mir Freunde und Bekannte zu. Der Solarer Berg war ein unvergessliches Erlebnis, Menschen über Menschen.

Die zweite Radrunde fühlte sich dann ein wenig besser an (die Leistungswerte zeigten im Nachgang, dass ich beide Runden konstantes Tempo gefahren bin) und nach 6:07:24h durfte ich mein Rad in der zweiten Wechselzone abgeben.

Ein sehr netter Plausch im Wechselzeit mit “meiner Helferin” und schon konnte ich den abschließenden Marathon in Angriff nehmen.

Letztlich hieß das für mich nicht überzocken, denn mein längster Lauf waren 21km im Rahmen meines Vorbereitungswettkampfes gewesen. Und außerdem war es mittlerweile ziemlich heiß. Somit versuchte ich ein moderates Tempo zu finden und lief damit von Verpflegung zu Verpflegung. Gel, Wasser und Kühlen waren angesagt. Die Strategie funktionierte ungefähr 25km. Der Kanal zog sich ewig hin, aber zum Glück standen immer wieder bekannte Gesichter am Streckenrand und feuerten mich an und mein Mann gab mir die nötige Ruhe und Gelassenheit. Leider wollte mein Magen dann nicht mehr so wie ich. Es gab somit an den Verpflegungsstellen nur noch Cola, Wasser und immer wieder eine Salztablette. Die Anstiege nahm ich in schnellem Gehschritt und alle anderen Passagen legte ich im lockeren Lauftempo (so schnell es eben noch ging) zurück, selbst der Anstieg nach Büchenbach bei km 34 konnte mich nicht bremsen und dann ging es endlich Richtung Ziel. Ich freute mich darauf. Eine Umarmung mit der Trainerin (sie sagte mir im Nachgang, dass ich sie mit meinem Marathon sehr überrascht habe und sie sehr stolz sei) kurz vorm Einlauf ins Stadion und dann nur noch Genießen. Sorry Thomas, dass ich dich im Stadion verpasst habe!

Nach 12:26:10h konnte ich die Ziellinie überqueren – stolz auf meine körperliche und vor allem mentale Leistung und dann kam das Highlight des Tages: Chrissie Wellington, die bis zu eben diesem Tag die Weltbestzeit auf der Langdistanz gehalten hat, überreichte mir meine Finishermedaille. Das hatte ich mir im Vorfeld gewünscht und ich bin sehr froh, dass mir diese Ehre zuteil wurde.

Ein großes Dankeschön geht an meinen Mann Thomas und meine Trainerin Julia Seibt. Ihr habt mich die ganze Zeit der Vorbereitung getragen, ertragen und immer wieder ermuntert weiter zu machen und seid auch am Wettkampftag an meiner Seite gewesen.

Ein weiterer Dank geht an die Organisatoren des Challenge Roth und an die vielen wunderbaren Helfer. Es war ein Fest!!!

Ob ich nochmal bei einer Langdistanz starte? Erste Reaktion meinerseits. So einen Sch… mach ich nie wieder.

Mit ein paar Tagen Abstand hat es sich in ein: “Vielleicht!” verwandelt.

Auf jeden Fall werde ich nächstes Jahr wieder in Roth sein und Thomas anfeuern… See you at the finishline!

Herzlichen Glückwunsch, liebe Dorit !!

(Bilder: Dorit Hartmann)