Erster Ironman erfolgreich gefinisht

Persönlicher Race-Bericht Ironman Frankfurt 2022
Markus Both

Ironman Frankfurt 2022

Um Familie, meine 40+ Stundenwoche, und den Sport unter den Hut zu bekommen, habe ich mir einen 34-wöchiger Trainingsplan zusammengestellt. Trainingszeiten waren vor allem abends im Zeitraum 20.00 – 24.00 Uhr. Egal ob müde, keine Lust, voller Magen, egal die Wochenstunden müssen gestämmt werden! Immer wieder musste ich mit Rückschlägen kämpfen: Erkältung mit Husten, Erkältung mit Schnupfen, Corona, ein furchtbarer Todesfall in der Familie, dann wieder Erkältung mit Schupfen.

In der finalen Wettkampfwoche kam dann am Montagnachmittag die Diagnose vom HNO Arzt: Stirnhöhlenentzündung! Sofortige Krankschreibung und Antibiotika. 20 Stück. 3 am Tag. Dazu Sinupret, GeloMyrol, Nasenspray, Inhalieren, Nasendusche, Ibuprofen…bis zu 10 verschiedene Tabletten am Tag habe ich geschluckt. Erst ab Freitag, drei Tage vor dem Ironman Wettkampf, spürte ich eine deutliche Verbesserung und der Dauerkopfschmerz ließ nach. Der HNO-Arzt hat mich nochmal untersucht mit dem Ergebnis: keine sichtbare Infektion!

Am Samstag beim Check In war meine Laune jedoch wieder etwas geteilt. Zum einen habe ich mich schon auf das Event gefreut, und die Beine haben sich gut angefühlt. Jedoch kam während einer kleinen Laufeinheit am Vormittag der Kopfschmerz zurück, der über den ganzen Tag anhielt!

Ich habe mich entschieden zu starten und im Falle dessen, wenn der Kopfschmerz zurückkommt, auszusteigen.

Am nächsten Morgen 4:30 Wecker und auf zum Schwimmstart. Ich war sehr entspannt, die Pufferzeit war ausreichend und die Nervosität hielt sich in Grenzen. Als wir Athleten uns eingeschwommen und im Startbereich aufgestellt hatten, wurde die Stimmung durch die Veranstalter aufgeheizt mit Musik und Klatschen. Es war laut! Die Atmosphäre vor dem Schwimmen war einzigartig. Das hatte ich noch nicht erlebt und in diesem Moment habe ich das erste Mal darüber nachgedacht, dass ich keine Kopfschmerzen mehr habe und mich so sehr darüber gefreut, dass ich kurz ein paar Tränen verdrücken musste. Ich stand da, vor dem Start, die 34 Wochen liegen hinter mir, jetzt kann es endlich losgehen!

Auf ins Wasser mit Rolling Start. Das ist zwar besser wie ein Massenstart, aber entspanntes Schwimmen, ist davon weit entfernt. Überall Hände und Füße, seitlich, vorne und von hinten. Ich habe mich erstmal für den Bruststil entschieden, solange das so voll war und habe entspannt ein paar Züge gemacht um gut atmen zu können. Später dann in die Kraullage und schon waren ich am Australien Exit. Dann wieder rein ins Wasser und zur Wendeboje, wo dann die Sonne über dem Wasser stand und ordentlich geblendet hat. Zum Glück bin ich nicht planlos dem einen Schwimmer hinterher der eine Boje abgekürzt hatte, da hat es sich gelohnt 2-3 Mal genauer hinzusehen, wo denn alle hinschwimmen. Auf einmal war dann der Swim-Exit da und ich hatte festen Boden unter den Füßen. Zum erste Mal war das ein Triathlon-Schwimmen ohne einen ungewollten Wasser-Schlucken. Alles sehr entspannt.

Dann zum Rad, 4te Reihe, 2ter Nadelbaum rechts, 3ter Laubbaum links, so hatte ich es mir gemerkt und da stand es auch. 🙂 Das ging zack zack.

Los ging es mit dem Rad, auf eine 2-spurige Straße baulich getrennt, wie auf der Autobahn und die Skyline von Frankfurt am Horizont angestrahlt von der Morgensonne, was für ein Anblick! Dazu noch ein leichter Rückwind, es fällt mir schwer mich zurückzuhalten. Ich orientiere mich an der Wattanzeige auf dem Display. Wie schon im Training angedeutet hat, war ich kein Freund von der Aeroposition. Die Schultern und der Nackenmuskulatur dafür war nicht ausreichend trainiert, dafür habe ich mich auf alle 8 kleineren Anstiege gefreut, wo ich guten aufrecht sitzen kann ohne Zeit einzubüßen. Die erste Runde mit 100km vergehen im Nu. Das war kein Problem, dann meldeten sich die Beine so langsam, also wird die Energiezufuhr leicht erhöht und mal so eine Trinkwasser Flasche über Kopf und Körper geschüttet. Das war super und es ging weiter. Ab 130 km jedoch wurde es etwas zäher, die Aeroposition ging nicht mehr, weil ich auf einmal Druck im Bauch, vor allem auf der rechten Seite spürte. Der Bauch war steinhart und gleichzeitig fühlte er sich kugelrund an. Ich habe mich gefühlt als ob ich unter dem Trikot eine Melone verstecke. Alles hat gespannt. Ich habe es ignoriert und weiterhin meine Verpflegung zugeführt. Das war wahrscheinlich nicht so clever, aber so richtig 100% konnte ich die spezifische Ironman Verpflegung vor dem Wettkampf nicht testen und es fehlte an Erfahrung. „Irgendwie weiter“, dachte ich mir. Ohne Aeroposition wurde ich dann unterwegs von vielen dieser Super-Bike Radfahrern überholt. Cervelo P5X, Specialized Tarmac, Carbon Clinchers, Vollscheibe, alles dabei und alles in Hochglanz. Das sah alles aus wie geleckt. Mir ist dabei eingefallen, dass ich mein 12 Jahre altes Rennrad eigentlich nochmal putzen wollte, naja……………………………………………….. Nicht irritieren lassen, weitermachen. Die Beine waren noch gut, der Bauch immer weniger gut.

Dann endlich der Wechsel zum Lauf. Diese Bank im Wechselzelt war sehr bequem. Ich dachte mir gleich: „Nicht zu lange, auf dieser Bank sitzen, sonst komm ich nicht mehr hoch.“

Auf geht’s zum Marathon, aber zunächst nochmal Wasserlassen, vielleicht ist dann mein Bauch wieder gut. Schmerzverzerrt frage ich nach einer Toilette: „Erst bei der nächsten Verpflegungsstelle“ bekomme ich zu hören. Na gut dann irgendwie los! Mit steinhartem Bauch zu laufen ist ja noch ätzender wie damit Rad zu fahren. An der Verpflegungsstation: Gefühlt 12 Dixis in einer Reihe und alle bis auf 1 belegt. Das verbleibende mache ich auf, und bin überrascht eine Mutter mit Kleinkind zu überraschen. Irritiert und mit weiterhin viel Schmerz, habe ich gesehen, dass es ein weiteres Dixi in der hinteren Reihe gab, etwas abseits der Laufstrecke, aber immerhin. Das war wahrscheinlich das ekelhafteste Dixie das ich je gesehen habe und ich habe die Mücken und den Gestank ignoriert und mich erleichtert. Dann weiterlaufen.

Der Bauchschmerz lässt nicht nach, er drückt und drückt und ich weiß nicht wie ich denn noch einen Marathon laufen will mit solchen Schmerzen. Die Beine haben sich zwar gut angefühlt, aber ich konnte mich kaum bewegen. Ich hatte mir irgendwie zugeredet, dass es wieder weggehen wird. Bis zum Halbmarathon hatte ich nur Wasser zu mir genommen. Die 6 Stück Gels und 8 Salztabletten in der Rückentasche blieben erstmal unangetastet. Und tatsächlich langsam und schleichend ließ der Druck nach und habe mich darüber gefreut schon 2.5 von 4 Runden bereits hinter mir zu haben. Ab da holte ich mir an allen Verpflegungsstationen Iso, Iso, Iso, auch wenn der Druck dann wieder stieg aber ich wollte nicht ganz leerlaufen. Meine Garmin Uhr hat sich verabschiedet, der Akku kann wohl nicht mehr so lange. Ich wusste nicht ob ich langsam oder schnell war. Von außen betrachtet sah das alles wie eine super geplante konstante Pace aus, aber ich musste mich mit diesen Magenproblemen ernsthaft auseinandersetzen. Spätestens zu Beginn der 4ten und letzten Runde kam dann die Erschöpfung in den Beinen. Die Füße sind schwer geworden und immer schwerer. Jetzt eine Gehpause? lieber nicht, ich bin jetzt schon zum 4. mal an der gleichen Stelle vorbeigelaufen und ich habe das alles bereits genug oft gesehen, mir reicht es. Nach einer Gehpause laufe ich nicht mehr los, dachte ich mir. Mir ist die Zielzeit egal, aber, wenn ich gehe dauert es mir einfach zu lange, also laufe ich auch wenn es immer mehr wehtut. Die Zeit hatte ich nicht mehr im Blick, keine Uhr, keine Uhrzeit, nur beißen und irgendwie diese letzte ewige Runde zu Ende laufen. Ich fange an zu segmentieren und zähle von 1 bis 10, dann wieder von 1 an. Ich sage mir bis zum nächsten Baum, bis nur nächsten Litfasssäule, ein letztes Mal über diese Brücke, ein letztes Mal durch diese Unterführung, ein letztes Mal an der Wechselzone vorbei! Schon langsam höre ich die Musik und die Zielmoderation. Es wird lauter und lauter und dann endlich abbiegen in den Zielkanal! Meine gesamte Familie (Frau und Kind, Eltern, Schwiegereltern und Schwager) stehen dort und schreien nochmal meinen Namen und freuen sich. Ich kann es kaum glauben, jetzt kann mir das niemand mehr nehmen!! Da war der Moment! Dieser Moment von dem Thomas Hartmann geschrieben hatte: „Der Tunnel der tobenden Zuschauer und die Landung in der vollendeten Glückseligkeit.“ Ich überschreite die Ziellinie mit nach oben gestreckten Armen ! Wow was für ein Moment!

Mir kommen die Tränen, ohne dass die Augen Tränen produzieren können. Dazu war ich wohl nicht mehr fähig. Völlig erschöpft, und überglücklich: I did it! I become an Ironman.

Gratulation zum erfolgreichen Finish!!

Fotos: Markus Both