Bei perfektem Wetter und traumhafter Kulisse des Kaisergebirges starteteten Dorit Clemens und Bea Bauer vom TC Backnang am 04.09.2016 bei der Europameisterschaft über die Mitteldistanz in Walchsee-Kaiserwinkl.
Die Europa-Meisterschaft stand für Dorit als Jahres-Highlight auf dem Programm und ist ihr geglückt.
Bei der ETU CHALLENGE Walchsee-Kaiserwinkel werden die 1,9 km im Walchsee geschwommen, bevor es dann auf die 90 km lange Radstrecke geht. Neben flachen, schnellen Passagen gibt es längere Anstiege zu bezwingen, so dass insgesamt etwa um die 1200 Höhenmeter zu bewältigen sind. Der abschließende Halbmarathon führt vier Mal um den Walchsee herum, bevor es dann in den Zielkanal geht.
Die Vorbereitung lief alles andere als optimal für Dorit. Das ganze Jahr über hatte sie mit Verletzungen an der Achillessehne zu kämpfen (Herkunft unbekannt) und regelmäßiges Lauftraining war wegen Schmerzen nicht möglich. „Radfahren und Schwimmen konnte ich ohne Probleme und dank Aquajogging hatte ich zumindest ein klein wenig Laufpraxis“.
Dennoch wagte sie sich an den Start.
Raceday.
Morgens um halb 6 klingelte der Wecker. Das Rad wurde schon am Vortag eingecheckt und wartete in der Wechselzone. Nach einem kurzen Frühstück ging es für die letzten Vorbereitungen nochmals mit Wechselbeutel und Luftpumpe in die von der Unterkunft 200m entfernte Wechselzone.
Dort waren schon einige Athleten unterwegs – Großbritannien, Österreich, Dänemark, Deutschland… viele Länder waren hier bei der EM vertreten.
Anschließend ging es langsam Richtung Schwimmstart. Der See lag noch im dichten Nebel, aber der Himmel zeigte schon wunderbares Blau und es stand ein sonniger Tag bevor…
Gegen 8:30 Uhr kam die Sonne immer weiter durch, der Nebel verzog sich und gab den Blick auf den wunderschönen Walchsee frei. Einschwimmin im Neo – gegen 8:50 Uhr mussten die Athleten aus dem Wasser steigen und um 9 Uhr erfolgte der Startschuss für die Profi-Männer, gefolgt von den Elite-Damen“
Die Age-Grouper, zu welcher auch Dorit gehörte, starteten ihren Wettkampf im „Rolling Start-Modus“ ab 9.15 Uhr. Bei den „Rolling Starts“ wurden jeweils acht Teilnehmer alle fünf Sekunden losgeschickt, um das Feld insbesondere auf der Schwimmstrecke in die Länge zu ziehen und um das sonst vielfach übliche Gedränge in der Startphase zu vermeiden.
Dorit ordnete sich in Zone 3 ein, was bedeutete: angestrebte Schwimmzeit zwischen 35 und 45 Minuten. Der Startschuß fiel und es wurden auch schon alle fünf Sekunden acht Athleten ins Wasser geschickt… die linke Außenbahn sollte es für Dorit sein – dort hatte sie wie geplant Platz zum Schwimmen. „Welch ein geniales Gefühl – keine Prügelei, keine anderen Athleten, die kreuz und quer schwimmen. Ich visierte die Boje an und konnte sofort meinen Rhythmus aufnehmen. Es war herrlich, umgeben von Bergen hier im Walchsee zu schwimmen. Die Zeit verging im Flug, ich fühlte mich gut und als ich aus dem Wasser stieg, verriet mein Blick auf die Uhr, dass ich gut im Rennen lag – ca. 36min Schwimmzeit.“
Der erste Wechsel verlief reibungslos. Neo aus, Helm und Schuhe an und dann schnell Richtung Rad. Ein freudiger Blick zu Thomas und die Fahrt ging los. „Leider spürte ich meinen linken hinteren Oberschenkel ein wenig, so fuhr ich verhalten an, um erst einmal in Tritt zu kommen“. Verrät Dorit ihre Taktik.
Die Strecke führte im ersten Teil über eine lange Gerade entlang bis zum Abzweig und weiter auf kleinen Straßen durch eine hügelige, herrliche Landschaft. Dorit fand zunehmend zu ihrem Rhythmus und spulte mit dem Rad sämtliche Anstiege und Abfahrten ab. Auf einer langen Gerade ging es zurück Richtung Walchsee. Auf diesem zweiten Teilabschnitt der ersten Runde musste Dorit dann über kleinere Straßen und Wege und über einer kurvenreiche Abfahrt auf die Bundesstraße auffahren. Abschließend musste noch ein längerer Anstieg, welcher jedoch gut zu fahren war, bewältigte werden. Nachdem die zweite Verpflegungsstation passiert war erreichte sie wieder den Walchsee, von wo dann in die zweite Runde begann.
„Ich fühlte mich super, dachte aber auch immer daran, dass ich nicht überzocken sollte, denn der schwerste Part des Tages kam noch… etwa 20 km vor T2 zeigte mir ein Blick auf die Uhr, dass ich es vielleicht schaffen konnte, den Part auf dem Rad unter drei Stunden zu bewältigen. Kleine Rechnereien liefen im Kopf ab… Der lange Anstieg, die Abfahrt, der Weg zum Wendepunkt und dann Vollspeed Richtung Wechselzone – als ich am Wechselbalken vom Rad sprang verriet mir ein erneuter Blick auf die Uhr, das ich unter drei Stunden unterwegs war!“
Nach einem reibungslosen zweiten Wechsel hieß es Socken, Bandage und Schuhe anziehen – Visor und Brille aufsetzen und weiter auf die Laufstrecke. Die ersten Schritte fielen Dorit sehr schwer. Die Oberschenkel waren fest und sie hatte keine Ahnung, wie sich das Laufen anfühlen würde und ob sie es überhaupt durchstehen wird.
„Die ersten beiden Lauf-Kilometer verliefen nicht wirklich rund, auch die Uhr zeigte an, dass das Anfangstempo viel zu hoch war, für das „Training“, welches ich im Vorfeld hatte.“ So Dorit.
Runde 1 zog sich dahin. Die zwei kleinen Anstiege, die bei der Streckenbesichtigung wie Wellen aussahen, waren dann (gefühlt) doch länger als gedacht und außerdem war es heiß. Es war also wichtig, sich an der Labestation gut zu verpflegen und zu kühlen.
„Mein Lebensgefährte und Betreuer Thomas Hartmann stand am Ende des zweiten Anstieges und rief mir zu, dass alles passt und ich einfach locker laufen soll. Leichter gesagt als getan. Bei km 7 sagte ich mir: „Ein Drittel ist geschafft – ich komme ins Ziel!“ Jedoch merkte ich, dass in den Anstiegen meine Herzfrequenz enorm in die Höhe ging. Somit war der Plan – die Anstiege zu gehen, um danach wieder locker anzulaufen, ebenso an den Labestationen“.
Und diese Entscheidung sollte sie nicht bereuen…
„So langsam kam ich in den „Tunnel“, ich spulte die km mehr oder weniger schnell ab, zog zwischendurch einen deutschen Athleten einen Kilometer mit (leider schickte er mich an der Verpflegung allein weiter) und dann befand ich mich auch schon in der letzten der vier Laufrunden. Die Beine wurden immer schwerer und nun war es nur noch ein Kampf. Aber dann war das Ziel in Reichweite – ein kleines Deutschlandfähnchen von der Team-Managerin und dann der Zielkanal. Ich freute mich riesig – Thomas war ebenfalls da – ein Abklatschen und dann der Moment nur für mich… „
Freude, Freude, Freude – Erleichterung – Gänsehaut und dann war sie im Ziel – nach 05:43:55 h überquerte Dorit Clemens die Ziellinie und bekam vom Chef persönlich die Medaille um den Hals gehängt.
Bea Bauer zeigte nach guter Schwimm- und Radleistung vor allem Ihre Stärke wieder beim Laufen – sie überquerte die Ziellinie nach 05:28:55 h.
„Meine Unvernunft wurde mit einem wunderschönen Wettkampf und einer fantastischen Zeit belohnt!“ schildert Dorit ihren Wettkampftag.
Herzlichen Glückwunsch!
„Ich bedanke mich bei Thomas, der mein Jammern und Leiden jeden Tag ertragen hat, für die gemeinsamen Trainingsstunden und die Begleitung am Wettkampftag. DU bist der Beste!
Ebenso ein großes Dankeschön an Julia. Ohne dich wäre ich nicht in der Zeit im Ziel angekommen. Danke danke danke!!! DU bist ein Schatz!
Last but not least – ein riesiges Kompliment an das gesamte Team der Tyrol Challenge Walchsee-Kaiserwinkel! Dieser Wettkampf ist wunderschön und super organisiert – gerne komme ich wieder.“
Ergebnisse HIER: